Welche gesetzlichen Aufgaben hat der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft?
Ein Überblick über die Pflichten und Verantwortlichkeiten des Verwaltungsrates nach Schweizer Recht.
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Die Geschäftsführung einer Aktiengesellschaft steht gemäss Art. 716 Abs. 2 OR dem Verwaltungsrat zu. Dieser ist auch zur Vertretung der Gesellschaft nach aussen befugt und besitzt gesetzlich geregelte unübertragbare und unentziehbare Aufgaben (Art. 716a OR). Die Geschäftsführung kann an eine Geschäftsleitung delegiert werden (Art. 716b OR).
Unübertragbare Gesetzliche Aufgaben des Verwaltungsrates einer Aktiengesellschaft (Art. 716a OR):
- Oberleitung der Gesellschaft
- Festlegung der Organisation
- Rechnungswesen, Finanzkontrolle & Finanzplanung
- Ernennung und Abberufung der Geschäftsführung und der bestellten Vertreter
- Oberaufsicht über die Geschäftsführung
- Erstellung des Geschäftsberichts, Vorbereitung der GV und Ausführung der GV-Beschlüsse
- Benachrichtigung des Richters bei Überschuldung
Diese Aufgaben stehen dem Verwaltungsrat zu und sind unübertragbar und unentziehbar. Sie können also weder an die GV abgetreten, noch an die Geschäftsleitung delegiert werden. Dem Verwaltungsrat kommt damit eine zentrale Stellung innerhalb der AG zu. Anders als die Aktionäre, die keine Treuepflichten haben, muss der Verwaltungsrat aber die Interessen der Gesellschaft wahren (Art. 717 OR).
Delegation der Geschäftsführung
Die Geschäftsführung kann vom Verwaltungsrat an Dritte delegiert werden (Art. 716b OR). Dazu benötigt man,
- eine Statutenbestimmung, die von der GV beschlossen wird und eine Ermächtigung zur Delegation enthält,
- ein Organisationsreglement, welches vom Verwaltungsrat geschrieben wird und die Delegationsgrundsätze enthält.
Die Delegation der Geschäftsführung kann an VR-Mitglieder (sog. „Delegierte des Verwaltungsrates“) oder an Dritte erfolgen. Erfolgt die Delegation an Dritte, die nicht dem Verwaltungsrat angehören, spricht man vom dualen System. Die Geschäftsleitung (CEO, CFO etc.) übernimmt dabei die operative Geschäftsführung und dem Verwaltungsrat (VRP und VR-Mitglieder) verbleiben vorwiegend Überwachungsfunktionen und die strategische Ausrichtung der Gesellschaft.
Welche Aufgaben können delegiert werden?
Der Mindestinhalt des Organisationsreglements ist in Art. 716b OR umschrieben. Demnach muss das Organisationsreglement festlegen, wer die geschäftsführenden Organe sind, welche Kompetenzen und Aufgaben diese besitzen und wie die Berichterstattung geregelt ist (wer muss wem, wie oft und worüber Bericht erstatten?). Es muss kein detailliertes Pflichtenheft ausgearbeitet werden. In der Regel delegiert der Verwaltungsrat die Umsetzung der strategischen Ziele, die operative Geschäftsführung (Tagesgeschäft) und die Überwachung und Kontrolle der übrigen Geschäftsleitungsmitglieder an den CEO.
Neben dem Mindestinhalt kann das Organisationsreglement auch weitere Bereiche regeln. In der Praxis wird oft auch die Kompetenz zur Einberufung der Geschäftsleitungssitzungen, Sitzungsrhythmus, Beschlussfassung, Einsichts- und Auskunftsrechte und Ausgabenermächtigungen (Bsp. CFO darf selbständig Ausgaben bis CHF 500‘000 tätigen) geregelt.
Die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates gemäss Art. 716a OR dürfen auch nicht aufgrund einer statutarischen Ermächtigung delegiert werden.
Vertretung der Aktiengesellschaft
Bestimmen die Statuten nicht etwas anderes hat jeder Verwaltungsrat eine Einzelzeichnungsbefugnis. Diese kann für jedes VR-Mitglied abgeändert werden und z.B. auf einzelne Personen beschränkt werden oder es wird eine Kollektivunterschrift zu zweien vorgesehen. Dabei können alle Geschäfte getätigt werden, „die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann“ (Art. 718a Abs. 1 OR).
Weitere Informationen zur Verantwortlichkeit und Haftung des Verwaltungsrates sind in unserem Blog verfügbar.